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Paul von Hindenburg: Ehre wem Ehre gebührt?! Neuer Name für die Hindenburgstraße?

  • Autorenbild: BLS
    BLS
  • 27. Sept. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Nachdem der Antrag der BLS auf Rückbenennung der jetzigen Hindenburgstraße auf ihren historischen Namen bis 1933, Stadtstraße, im Corona-Stau der Anträge im Stadtparlament ins Hintertreffen geraten war, wird die Frage nun aktuell: Sollen wir in Schlitz tatsächlich einen Mann, der einen so verheerenden Einfluss in der deutschen Geschichte, für Deutschland, für die Menschen in Deutschland und weit darüber hinaus, gehabt hat, mit einer Straße im Zentrum unserer Stadt ehren?


Beispiel Fulda

Vielleicht hilft uns ein Blick in unsere Nachbarstadt Fulda. Dort gibt es eine Hindenburgstraße schon seit 1950 nicht mehr. Und sehen wir uns an, was aktuell in Fulda passiert ist. Dort hat die Stadtverordnetenversammlung im vergangenen Jahr beschlossen, die Dr.-Danzebrink-Straße zum 1.7.2023 umzubenennen, mit Zustimmung fast aller Fraktionen. Dr. Danzebrink war Fuldaer Oberbürgermeister von 1933 bis 1945. Der jetzige Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld führte dazu aus: „Ein Festhalten an dem Straßennamen … könnte den Eindruck erwecken, dass sich die Stadt Fulda nicht von dem Handeln in der NS-Zeit distanziert.“ Die Ehrung durch einen Straßennamen solle auch immer mit einem Vorbildcharakter verbunden sein, der hier nicht gegeben sei.


So sieht sich die Bunte Liste Schlitzerland (BLS) auch in der Region in guter Gesellschaft mit ihrem Antrag auf Rückbenennung der Hindenburgstraße in Stadtstraße, falls von den Anwohnerinnen und Anwohnern gewünscht auch gern in einen anderen Namen. Um noch einmal deutlich zu machen, welche verhängnisvolle Rolle Paul von Hindenburg in der deutschen Geschichte hatte, nachfolgend die Begründung des BLS-Antrags im Wortlaut.


Der BLS-Antrag

„Im Jahre 1933 erfolgten im Zuge der Hitlerschen Machtergreifung umgehend Umbenennungen dreier Schlitzer Straßen: Aus der Lehmkaut (jetzt: Salzschlirfer Straße) wurde die Adolf-Hitler-Straße, die Poststraße hieß jetzt Horst-Wessel-Straße, und aus der Stadtstraße wurde die Hindenburgstraße. Während die Namen Adolf Hitler und Horst Wessel nach 1945 wieder von den Schlitzer Straßenschildern verschwanden, ist der Name Hindenburgstraße bis heute erhalten. Die BLS ist der Meinung, dass es höchste Zeit ist, auch aus dem Schlitzer Stadtbild den Namen Hindenburgstraße zu entfernen. Wie sehr viele andere Städte in Deutschland (z.B. Fulda 1950) sollten auch wir uns baldmöglichst von dieser peinlichen Namensgebung verabschieden, denn auf Grund seiner unrühmlichen Rolle in der deutschen Geschichte hat Paul von Hindenburg es nicht verdient, in dieser Weise geehrt zu werden.


So hat die von Hindenburg (zusammen mit Ludendorff) geleitete Oberste Heeresleitung während des 1. Weltkrieges faktisch in diktatorischer Weise die Regierungsgewalt ausgeübt und war er u.a. (mit)verantwortlich für die Ablehnung eines Verständigungsfriedens. Nach dem Krieg war er Miterfinder der Dolchstoßlegende (das deutsche Heer sei „im Felde unbesiegt“ geblieben und von den Revolutionären in der Heimat „von hinten erdolcht“ worden), die für die Weimarer Republik eine verhängnisvolle Rolle gespielt hat. In den letzten Jahren seines Lebens hat Hindenburg als Reichspräsident zweifellos nicht nur Hitler den Weg zur Macht gebahnt, sondern dessen politische Maßnahmen auch sämtlich mitgetragen. Mildernd kann auch nicht angeführt werden, Hindenburg sei „nicht mehr Herr seiner Entscheidungen“ gewesen; derartige Annahmen kann man als widerlegt betrachten. Alles jeweils nachzulesen am einfachsten bei Wikipedia.


Zusammengefasst noch einmal: Mit seiner verhängnisvollen Rolle in der Geschichte Deutschlands (und darüber hinaus) hat Paul von Hindenburg es nach Meinung der Bunten Liste Schlitzerland nicht verdient, weiterhin durch eine Straße mit seinem Namen geehrt zu werden.


Im Übrigen bestehen wir nicht auf der Rückbenennung in Stadtstraße sondern sind gegenüber anderen Vorschlägen aufgeschlossen.“


Sollen wir? Ja oder nein

Bürgermeister Siemon hat kürzlich die Anwohnerinnen und Anwohner der Hindenburgstraße zu einem Meinungsaustausch über die Umbenennung ihrer Straße eingeladen, daher wohl der kritische Leserbrief im Schlitzer Boten vor einigen Tagen. Natürlich weiß man auch bei der BLS, dass ein Straßenname, gerade wenn man lange in einer Straße gewohnt hat, Teil der persönlichen Identität geworden sein kann und dass es schwerfällt, sich davon zu trennen. Niemand aus der BLS unterstellt deswegen diesen Bürgerinnen und Bürgern, dass sie sich mit Hindenburgs verheerendem Verhalten identifizieren.


Natürlich ist auch klar, dass die Anwohnerinnen und Anwohner einige Umstände haben werden, wenn ihre Straße einen neuen Namen bekommt. In anderen Städten war es daher meist so, dass sie von ihrer jeweiligen Stadtverwaltung dabei, wie der Umänderung von Dokumenten, unterstützt wurden und auch von den dabei anfallenden Kosten befreit wurden. So eine Vorgehensweise stellt sich die BLS natürlich auch in Schlitz vor.


Aber es bleibt die Frage, ob wir an repräsentativer Stelle im Zentrum unserer Stadt weiterhin einen Mann ehren wollen, dessen verhängnisvolle Rolle für Deutschland (am Ende mit der Zerstückelung des Deutschen Reiches), für Millionen von Menschen in Deutschland und in vielen anderen Ländern der Welt von der Geschichtswissenschaft zweifelsfrei dokumentiert ist. Die Entscheidung darüber fällt letztlich der Stadtverordnetenversammlung zu.


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Zur Feier des 1. Mai 1933, des Tages der Nationalen Arbeit, fahren Reichspräsident Paul von Hindenburg (links) und Reichskanzler Adolf Hitler in den Lustgarten in Berlin (Bundesarchiv Bild 102-14569 / Pahl, Georg).


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30. Januar 1933: Nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch Reichspräsident Paul von Hindenburg, der „Machtergreifung“, marschiert der Stahlhelm im Fackelzug durch das Brandenburger Tor (Bundesarchiv Bild 146-1979-025-14A / o. Ang.).


 
 
 

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