top of page

Hähnchenmastanlage Kreutzer in Queck - Besuch der Bunten Liste

  • Autorenbild: BLS
    BLS
  • 25. Aug. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Die Hähnchenmastanlage Kreutzer auf dem Höhenrücken westlich von Queck war zuletzt ein heiß umstrittenes Thema nicht nur in der Stadtverordnetenversammlung. Insbesondere von Seiten der Bunten Liste Schlitzerland (BLS) gab es herbe Kritik an dieser Form der Hähnchenaufzucht. Daher nahm die BLS-Fraktion gern die Möglichkeit wahr, den Betrieb unmittelbar in Augenschein zu nehmen und sich vom Betreiber Burkhard Kreutzer im Detail erläutern zu lassen.


Der Plan Hähnchenmast

Der landwirtschaftliche Betrieb Kreutzer in Queck war vor einigen Jahrzehnten ein reiner Milchviehbetrieb, der sich aber kaum noch profitabel bewirtschaften ließ. Keine Ausnahme für die eher kleinen landwirtschaftlichen Betriebe im Schlitzerland. Vor etwa 10 Jahren reiften daher erste Pläne, auf Geflügelmast umzustellen, nachdem Burkhard Kreutzer zu der Erkenntnis gekommen war, dass diese Form der Landwirtschaft einigermaßen auskömmlich sei, für ihn jedenfalls wohl auskömmlicher als die Milchwirtschaft.


So wurde im Dezember 2012 eine erste Anlage mit einer Grundfläche für die Hähnchenaufzucht von 1.800 m² in Betrieb genommen. Sie ist für 39.900 Tiere zugelassen. Eine zweite Anlage befindet sich derzeit im Bau, und zwar als reines Gewerbeunternehmen wie, deutschlandweit betrachtet, etwa 85% dieser Anlagen. Sie ist strikt von der ersten getrennt und für 29.900 Tiere auf 1.600 m² geplant. Diese zweite Anlage war Anlass für die Auseinandersetzungen in der Stadtverordnetenversammlung Anfang Juni.


Die Aufzucht

In der ersten Anlage wurden zunächst nur 36.000 Tiere statt der erlaubten 39.900 aufgezogen. Um den Vorgaben der Initiative Tierwohl (z.B. mindestens 10 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben) und QS (Qualitätssicherung) zu entsprechen, waren es zuletzt nur 32.500 Hähnchen. Sie werden im Alter von einem Tag mit einem Gewicht von 40 g angeliefert und im Stall bis zu einem Endgewicht (lebend) von maximal ca. 2,6 kg aufgezogen. Da laut Vorgaben der Initiative Tierwohl nur 35 kg Lebendgewicht pro m² zulässig sind, werden erste Tiere bereits nach 33 Tagen entnommen, die letzten, dann noch etwa 24.000 Tiere nach spätestens 40 Tagen.


Gefüttert wird mit 5 verschiedenen Sorten von speziellem Futter mit einem Anteil von gentechnikfreiem Soja. Geschlachtet werden die Hähnchen auf dem Schlachthof Gudensberg bei Kassel, was, wie der gesamte organisatorische Ablauf, durch die Firma Plukon betreut wird.


Nach einem Mastdurchgang bleibt der Stall 8 – 10 Tage leer. In dieser Zeit werden die angefallenen etwa 44 t Festmist in eine Biogasanlage verbracht, wo sie sehr gern genommen werden, der Stall wird gereinigt, desinfiziert und für den nächsten Durchgang vorbereitet. Übers Jahr ermöglicht diese strenge Organisation damit insgesamt acht Mastzyklen.


Schwierige Situation der Landwirtschaft

Immer wieder wurde während des BLS-Besuches über die schwierige Situation der Landwirtschaft, speziell der kleinbäuerlichen Betriebe gesprochen. So wurde von beiden Seiten die übergroße Marktmacht des Einzelhandels beklagt, die gerade kleinere Betriebe oft an die Existenzgrenze treibt oder sehr oft sogar schon zur Aufgabe gezwungen hat.


Nach dem sehr langen Besuch der Bunten Liste Schlitzerland bedankte sich der Fraktionsvorsitzende Dr. Jürgen Marxsen für die ausführliche und offene Darstellung des Hähnchenmastbetriebes durch seinen Betreiber Burkhard Kreutzer, eingeschlossen das Gespräch über die schwierige Situation der Landwirtschaft gerade in der hiesigen Region. Natürlich, das klang während des Besuches aber immer wieder an, ist die Bunte Liste weiterhin gegen derartige Formen der Tierhaltung, auch wenn durch verbesserte gesetzliche Regelungen und durch Vorgaben der Initiative Tierwohl leichte Verbesserungen gegenüber der Situation, wie sie noch vor 20-30 Jahren herrschte, erzielt werden konnten.


Fazit der BLS

„Die Tiere werden im Stall zwar nicht gequält. Aber sie haben es nicht wirklich gut.“ Das war das Fazit, das sich aus dem Besuch für die BLS ergab. Wenn am Ende der Mast über 15 Tiere mit fast 2 kg (und mehr) Lebendgewicht auf 1 m² gehalten werden (maximal 35 kg Lebendgewicht auf 1 m² laut Tierwohl-Vorgabe), bedeutet dies sehr wenig Platz für das Einzeltier und schließt natürliches, arteigenes Verhalten aus. Bewegung ist kaum möglich, d.h. die Tiere können kaum mit den Flügeln schlagen, mit den Füßen scharren oder ihr Gefieder putzen, was zu ihren natürlichen Verhaltensweisen gehört. Natürliche Witterungseinflüsse wie Sonne, Wind und Regen bekommen die Tiere in ihrem kurzen Leben nicht zu spüren. Von Wohlbefinden der auf schnelles Wachstum gezüchteten Tiere kann in einem nahezu unstrukturierten Stall gerade am Ende der kurzen Haltungsperiode, wenn der Boden zu geschätzt 90% aus Exkrementen mit dann unvermeidlichen, auch für Hühner ungesunden Ammoniak-Ausdünstungen besteht, sowieso keine Rede mehr sein. Soweit nur einige grundsätzliche Probleme, die in der BLS-Fraktion nach dem Besuch des Maststalls Kreutzer zur Massenhaltung von Hähnchen diskutiert wurden. Es gibt sehr viele mehr.


Auch wenn von Seiten der BLS die gesetzlich einwandfreie Vorgehensweise im Mastbetrieb Kreutzer nicht in Frage gestellt worden ist, so bleibt es doch bei der grundsätzlichen Kritik der Bunten Liste an dieser Form der Tierhaltung. „Um hier eine Änderung herbeizuführen, ist aber nicht nur ein verändertes Verbraucherverhalten dringend vonnöten, sondern dazu sind auch gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich“, so der Fraktionsvorsitzende Dr. Jürgen Marxsen.



ree

Auf 1.800 m² Fläche werden im Mastbetrieb Kreutzer zunächst 32.500 Hähnchen von anfangs 40 g herangezogen, bis zu einem Durchschnittsgewicht von 1,9 kg nach maximal 39 Tagen. Am Tag des BLS-Besuchs betrug das Durchschnittsgewicht der Tiere nach 7 Tagen im Mastbetrieb 179 g. Die Aufzucht erfolgt im Wesentlichen bei künstlichem Licht durch an der Decke montierte Lampen. Tageslicht erreicht das Innere des Stalls durch ein Fensterband auf der Nordseite (rechts oben).


ree

Zu dritt konnten Angehörige der Bunten Liste, hier Dörte Lorenzen (links) und Christel Weber, das Innere des Stalles besichtigen und sich die Technik und Vorgehensweise während des Aufwachsens der Tiere von Burkhard Kreutzer erklären lassen.


ree

Das Futter für die Tiere wird über eine automatische Fütterungseinrichtung bereitgestellt. In der Reihe dahinter befindet sich die Trinkzufuhr für die Tiere, die entsprechend Alter bzw. Größe der Tiere in der Höhe angepasst werden kann. Auch die Zufuhr von Mineralien und anderen erforderlichen Zusatzstoffen wird darüber reguliert, genauso die zweimalige Impfung gegen Krankheitserreger. Im Notfall werden so auch Antibiotika verabreicht, was aber, wie Burkhard Kreutzer betonte, nur äußerst selten geschehe und dann auch nur nach Verordnung durch den Amtstierarzt.


ree

Der Betrieb der Anlage wird zu einem großen Teil zentral automatisch gesteuert. Unerlässlich ist die regelmäßige, tägliche Kontrolle. Burkhard Kreutzer demonstrierte einige Funktionen dieser Technik. So zeigte die automatische Waage für den Tag des Besuches ein durchschnittliches Tiergewicht von 179 g an.


ree

Groß war das Interesse aus der BLS am Besuch der Hähnchenmastanlage Kreutzer in Queck.


ree

Ausführlich erläuterte der Betreiber der Hähnchenmastanlage Queck, Burkhard Kreutzer (rechts), die Entwicklung und den Betrieb der seit 2016 bestehenden Anlage. Viele Fragen wurden aus der Bunten Liste gestellt, die ausführlich beantwortet wurden und auch für Diskussionsstoff sorgten.



Weitere Informationen über Hähnchenmastanlagen finden sich z.B. hier:


Was du über das kurze Leben eines Hähnchens wissen musst





 
 
 

Kommentare


bottom of page